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Rhetoriken. Interdisziplinäre & interkulturelle Zugänge / Rhetorics. Interdisciplinary & intercultural approaches
5. November 2021 - 6. November 2021
Die Rhetorik der Antike stellte Jahrhunderte lang die maßgebliche Bildungsdisziplin in der westlichen Welt dar. Wer in Gesellschaft, Politik, Wissenschaft und Kunst mitreden wollte, hatte die Schule der Rhetorik zu durchlaufen. Allerdings war die Kunst der Rhetorik schon bei den alten Griechen nicht unumstritten. Platon spielte rhetorischen Schein und Effekthascherei gegen die philosophische Wahrheit aus –obwohl er durchaus selbst ein versierter Rhetoriker war. Im 18. Jahrhundert, für welches das ‚Ende der Rhetorik‘ postuliert wurde, bezeichnet Immanuel Kant die Rhetorik als eine hinterlistige Kunst und unterscheidet zwischen ‚Beredsamkeit‘ und ‚Wohlredenheit‘. In der Beredsamkeit sieht Kant ‚Maschinen der Überredung‘ am Werk, mit Wohlredenheit meint er Eloquenz und Stil, deren Berechtigung er anerkennt. Seiner Unterscheidung scheint die sich seit der Frühen Neuzeit verstärkt abzeichnende Differenzierung zwischen einer Produktionsperspektive und einer Rezeptionsperspektive auf die Rhetorik zugrunde zu liegen. Wurde in der Folge in den Philologien vor allem die Elocutio-Rhetorik rezipiert und gewissermaßen zum Instrumentenkoffer der Textanalyse funktionalisiert, hat die Rhetorik doch für die Literaturtheorie eine maßgebliche Rolle gespielt. In den Rechtswissenschaften scheint die Rhetorik als umfassende Leitdisziplin verloren gegangen und in Teildisziplinen (wie der Rechtslogik und der Argumentationstheorie) aufgelöst zu sein. Gibt es also verschiedene Rhetoriken? Die geplante Tagung geht der Frage nach, inwiefern sich rhetorische Perspektiven aus anderen Sprach-und Kulturräumen und Rechtsordnungen von denen deutscher bzw. westlicher Traditionen unterscheiden und mit welchen Rhetorikverständnissen in unterschiedlichen akademischen Disziplinen heute gearbeitet wird.
Vorträge haben zugesagt: Ulrike Babusiaux (Zürich), Thomas Bauer (Münster), Rüdiger Campe (Yale), Reinhard Emmerich (Münster), Ulfrid Neumann (Frankfurt a. M.), Christof Rapp (München), Thomas Michael Seibert (Frankfurt a. M.), Dietmar Till (Tübingen ).
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For centuries, the Western world relied on Ancient Rhetoric as its educational cornerstone. Literacy in Rhetoric was a sine qua non to participate in society, politics, science or art. However, not even among the old Greek themastery of persuasiveness has been undisputed. Plato contrasted rhetorical illusionwithphilosophical truth –even thoughhe himself was a well-versed rhetorician. In the 18th century,an often-repeated claim was the ‘end of rhetoric’. Immanuel Kant calls it a deceitful art. He differentiates between ‘Beredsamkeit’ (nowadays translated as‘eloquence’, though Kant rather refers to a negatively connotatedversion) and ‘Wohlredenheit’ (speaking in a dignified manner). Whereas he identifies the former with ‘machines of persuasion’, the latter is associated with eloquence and style, theexistence of which Kant recognizes. This differentiation resembles the early modern distinction between a production-and a reception-oriented stance towards Rhetoric. Philology and literary studies subsequently focused mainlyon the elocutioand used it, so to say, as a toolbox for the analysis of literary texts. Rhetoric, thus, in this reduced version, has played a vital role for literary studies. In law and jurisprudence however, Rhetoric no longer seems to serve asa foundational discipline but has rather dissolved into subdisciplines focusing on logic and legal argumentation. Are there, thus, different Rhetorics? The conference seeks to compare rhetorical perspectives of different language and cultural areas as well aslegal systems and asks about the approaches towards Rhetoric in different academic disciplines today.
Papers will be held by Ulrike Babusiaux (Zürich), Thomas Bauer (Münster), Rüdiger Campe (Yale), Reinhard Emmerich (Münster), Ulfrid Neumann (Frankfurt a. M.), Christof Rapp (München), Thomas Michael Seibert (Frankfurt a. M.), Dietmar Till (Tübingen).