von YANNIK KRAUSE
Angesichts der aktuellen Vorwürfe gegen die Alternative für Deutschland (AfD) hinsichtlich einer möglicherweise unzulässigen Großspende stellt sich die Frage nach den Sanktionsmöglichkeiten des Parteiengesetzes (PartG). Der nachfolgende Beitrag fasst diese Sanktionen kurz zusammen, analysiert die einschlägigen Rechtsnormen und erläutert mögliche Rechtsfolgen sowie die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten. Die Darstellung erfolgt vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen und ordnet diese knapp rechtlich ein.
I. Die Vorwürfe gegen die AfD – Was steht im Raum?
Im Februar 2025 gerät die AfD wegen des Verdachts einer unzulässigen Parteispende in Höhe von 2,35 Millionen Euro in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Spende wurde offiziell von Gerhard Dingler, einem ehemaligen Funktionär der österreichischen Freiheitlichen Partei (FPÖ), getätigt. Ermittlungen deuten jedoch darauf hin, dass Dingler lediglich als Strohmann für den tatsächlich vermuteten Geldgeber, den deutsch-schweizerischen Immobilienmilliardär Henning Conle, fungierte.
Ein Verdacht auf Geldwäsche und illegale Parteienfinanzierung erhärtet sich, da Dingler kurz vor der Spende eine Zahlung von 2,6 Millionen Euro erhalten hatte. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, droht der AfD eine Geldstrafe von bis zu sieben Millionen Euro. Die Partei selbst weist jegliches Fehlverhalten zurück und betont, keine Anzeichen für eine Strohmannfunktion Dinglers gehabt zu haben.
II. Relevante Rechtsgrundlagen – Welche Vorschriften gelten?
1. Allgemeine Annahmefähigkeit von Spenden
Nach § 27 Abs. 1 S. 3 PartG gelten alle über Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge hinausgehenden Zuwendungen als Spenden. Gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 PartG dürfen Parteien grundsätzlich Spenden annehmen. Diese Regelung stellt einfachgesetzlich die durch Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG garantierte Finanzierungsfreiheit politischer Parteien klar.
Gleichzeitig schützt Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG das Recht der Bürger, politische Parteien durch Spenden zu unterstützen. Daneben besteht jedoch auch eine Verpflichtung zur Transparenz: Nach Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG müssen Parteien die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel offenlegen. Diese Pflicht findet seine Konkretisierung in § 25 Abs. 3 S. 1 PartG, wonach Spenden, die einem Gesamtwert von 10.000 EUR übersteigen, im Rechenschaftsbericht (§ 23 Abs. 1 S. 1 PartG) zu verzeichnen sind. Dieser gibt Aufschluss über die Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen von Parteien.
2. Spendenannahmeverbote als Instrument der Transparenz
Die Vorschrift 25 Abs. 2 PartG regelt, welche Spenden Parteien nicht annehmen dürfen. Insoweit steht hier die Finanzierungsfreiheit der Parteien (§ 25 Abs. 1 S. 1 PartG) in einem Spannungsverhältnis zur Sicherstellung demokratischer Transparenz. Der Gesetzgeber erachtet bestimmte Ursprünge von Spenden schon für die ordnungsgemäße Wahrnehmung parteipolitischer Arbeit insoweit als untragbar, als dass er sie per se von der Parteienfinanzierung ausschließt. Dazu zählen unter anderen Spenden durch politische Stiftungen (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 PartG) oder Spenden von Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen (§ 25 Abs. 2 Nr. 4 PartG).
Besondere Bedeutung für die aktuelle Diskussion hat § 25 Abs. 2 Nr. 6 PartG. Danach dürfen Spenden nicht angenommen werden, wenn sie 500 EUR übersteigen und der Spender nicht feststellbar ist oder wenn erkennbar ein Dritter als Strohmann vorgeschaltet wurde, um die wahre Herkunft zu verschleiern.
Dieses Verbot unterstützt das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG, da die Öffentlichkeit nachvollziehen können muss, welche finanziellen Abhängigkeiten Parteien eingehen. Dies ist insbesondere maßgeblich für das grundrechtsgleiche Recht der Wahlfreiheit aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG, da eine Wahl insoweit nur „frei“ ablaufen kann, wenn Kenntnis über mögliche Interessenkonflikte der Partei durch Spenden besteht.
Das Kriterium „erkennbar“ ist dabei erfüllt, wenn die betreffenden Personen die Strohmankonstellationen kannten oder nach objektiven Kriterien bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätten erkennen müssen. Der maßgebliche Personenkreis erstreckt sich dabei über der zur Entgegennahme, Verwaltung und Verwendung der Spende berechtigten Personen im Zeitpunkt der Annahme der Spende.
Diese umfassende Wissenszurechnung beruht auf der Prämisse, dass bei diesem Personenkreis in aller Regel davon auszugehen ist, dass dieser seine Kenntnis von der Herkunft der Mittel bei pflichtgemäßer Amtsführung der Partei vermittele. Unabhängig konkreter Kenntnis der innerparteilichen Organisation der AfD dürfte zu diesem Personenkreis jedenfalls der Vorstand der Partei zählen.
Weiter ist der Vorstand ohnehin auch zivilrechtlich, dass für die Wissenszurechnung maßgebliche Organ. Parteien sind zivilrechtlich Vereine (§§ 21 ff. BGB). Das Wissen eines einzelnen Vorstandsmitglieds ist dem Vorstand, und dieses Wissen wiederum gem. § 166 Abs. 1 BGB analog dem Verein, hier also der Partei zuzurechnen.
Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 2 Nr. 5 PartG könnte daher schon bei Wissen über eine „Strohmannspende“ durch die prominenten Vorstandsmitglieder der AFD: Tino Chrupalla oder Dr. Alice Weidel zu bejahen sein.
25 Abs. 2 Nr. 5 PartG verbietet eine Strohmannspende allerdings nicht nur bei positiver Kenntnis, sondern auch dann, wenn dieser Umgehungsmechanismus bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkannt werden müssen. Die Maßstäbe für diese Zurechnung bei fehlender positiver Kenntnis sind unklar. Jedenfalls das Kennenmüssen bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt ist der positiven Kenntnis gleichgestellt (BT-Drs. 15/6010, 108). Dieser Sorgfaltsmaßstab dürfte je nach Umfang der Spende divergieren. Bei Spenden größerer Geldbeträge bestehen daher umfassendere Überprüfungspflichten. Darunter fällt insbesondere die Überprüfung der Herkunft erheblicher Spendenbeträge. Von solchen dürfte angesichts der Bedeutung für die Partei auch der Vorstand Kenntnis erhalten, sodass die Überprüfungspflicht auch diesem gegenüber besteht.
Abschließend gilt eine Spende als angenommen, wenn nach Ablauf der Prüffrist nach § 25 Abs. 1 S. 4 PartG keine Rückgabe erfolgt.
III. Rechtsfolgen eines Verstoßes – Welche Sanktionen drohen?
1. Rückzahlungspflicht und Strafzahlungen
Verstößt eine Partei gegen die Annahmeverbote des § 25 Abs. 2 PartG, droht gemäß § 31 lit. c) S. 1 PartG eine Sanktion in Höhe des Dreifachen des unzulässig erlangten Betrages. Diese Sanktion entfällt nur, wenn die Partei die Spende nach § 25 Abs. 4 PartG unverzüglich an den Präsidenten des Deutschen Bundestags weiterleitet. Die Feststellung dieser Zahlungsverpflichtung erfolgt durch die Bundestagspräsidentin durch Verwaltungsakt (§ 31 lit. c) S. 3 PartG), der bei Bestehen der Voraussetzungen des § 31 lit. c) S. 1 PartG kein Ermessen zusteht! Dies ist vor dem Hintergrund des Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG („Sie [Die Parteien] müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.“) konsequent.
2. Strafrechtliche Konsequenzen
Darüber hinaus stellt § 31 lit. d) PartG Verstöße gegen § 25 Abs. 2 PartG unter Strafe. In § 31 lit. d) Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 PartG stellt der Gesetzgeber dabei das Bewirken eines unrichtigen Rechenschaftsbericht und in § 31 lit. d) Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 PartG die Einreichung eines unrichtigen Rechenschaftsberichtes unter Strafe. Normadressaten der Strafnorm sind daher neben denjenigen Parteimitgliedern und Funktionären, die den Rechenschaftsbericht erstellen (Var. 1), auch solche, die den Rechenschaftsbericht einreichen (Var. 2). Nach § 11 Abs. 7 S. 5 der Bundessatzung der AfD ist der Bundesvorstand der AfD dazu verpflichtet, den Rechenschaftsbericht einzureichen.
Da vorliegend wohl ein Anfangsverdacht gem. § 152 Abs. 2 StPO gegen den Vorstand der AfD zu bejahen sein dürfte, könnte es bereits zu Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft gegen Dr. Alice Weidel und Tino Chrupalla gekommen sein. Soweit der Bundestag dann nach Art. 46 Abs. 2 GG die Immunität der Vorstandsmitglieder der AfD aufheben würde, käme eine Bestrafung gem. § 31 lit. d) Abs. 1 Nr. 1 PartG in Betracht.
Als Strafrahmen sieht § 31 lit . d) Abs. 1 PartG eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Weitere Rechtsfolgen dürften die Betroffenen nicht zu fürchten haben. § 45 Abs. 1, 3 StGB (Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts) findet nur auf Verbrechen gem. § 12 Abs. 1 StGB Anwendung. Bei § 31 d Abs. 1 PartG handelt es sich angesichts der Strafandrohung von bis zu drei Jahren bloß um ein Vergehen gem. § 12 Abs. 2 StGB.
Sollte es im Falle einer Verurteilung abschließend zu einer Gefängnisstrafe kommen, könnte der oder die Verurteile von dort aus wohl kaum sein freies Mandat nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG wahrnehmen. Insoweit könnte entweder die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe unverhältnismäßig sein, oder im Rahmen des Strafvollzuges müsste sichergestellt sein, dass der oder die Abgeordnete weiter die Rechte aus Art. 38 Abs. 1 GG wahrnehmen kann.
IV. Rechtsschutzmöglichkeiten – Welche Wege stehen der AfD offen?
Politische Parteien können sich auf das Grundrecht des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 S. 1GG berufen. Gegen einen Rückforderungsbescheid ist daher die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO vor dem Verwaltungsgericht statthaft. Diese Rechtsschutzmöglichkeiten hat die AfD auch schon in der Vergangenheit genutzt.
Die Erfolgsaussichten eines solchen Rechtsbehelfs lassen sich hypothetisch kaum abschätzen. Die AfD war in dem vergangenen Verfahren mit der Argumentation gescheitert, dass es sich bei der gegenständlichen Spende um eine bloße „Kandidatenspende“ und um keine Parteispende gehandelt habe. Das OVG hat diesbezüglich die Grenzen einer zulässigen „Kandidatenspende“ sehr eng gezogen, wonach es jedenfalls für Spenden in die Parteikonten besonderer Gründe bedarf, um eine Parteispende, die dem Anwendungsbereich des § 25 PartG unterfällt, zu verneinen.
V. Fazit und Ausblick – Was bleibt festzuhalten?
Parteispenden haben das Potenzial, politische Parteien thematisch und strukturell zu beeinflussen. Da Parteimitglieder für Parlamente kandidieren können, müssen Bürger nachvollziehen können, von wem Parteien finanziell unterstützt werden. Das Parteiengesetz stellt hierfür wirksame Sanktionsmechanismen bereit, um Transparenz und demokratische Kontrolle sicherzustellen. Auch in der aktuellen Affäre um die AfD zeigt sich, dass das PartG über effektive Instrumente verfügt, um potenziellen Missbrauch in der Parteienfinanzierung entgegenzuwirken. Wie die rechtliche und tatsächlich Aufarbeitung des Falles weiter verläuft, bleibt abzuwarten.
Zitiervorschlag: Krause, Yannik, Sanktionsmöglichkeiten des Parteiengesetzes am Beispiel aktueller Diskussionen um Spenden an die AfD, JuWissBlog Nr. 25/2025 v. 05.03.2025, https://www.juwiss.de/25-2025/
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