von JANINE PRANTL
Was ist ‚Resettlement‘ und wo liegen die Probleme? Nach der Definition des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) beinhaltet Resettlement die Auswahl und den räumlichen Wechsel einer Person vom Staat, in dem die Person Schutz gesucht hat, in den Resettlement-Staat, der sich bereit erklärt (hat), die Person als Flüchtling aufzunehmen. Resettlement sollte als humanitäre Maßnahme langfristiger Integration bestenfalls mit der Erlangung der Staatsbürgerschaft des Resettlement-Staates vollendet werden. Droht Flüchtlingen im (Erst)Zufluchtsstaat die Verletzung fundamentaler Rechte, so ist Resettlement oftmals die einzige Alternative. Darüber hinaus kann Resettlement als Zeichen von internationaler Solidarität gegenüber den Erstzufluchtsstaaten dazu beitragen, dass diese ihre Grenzen öffnen bzw offen halten.
Viele Probleme im Zusammenhang mit Resettlement sind ungelöst. In Bezug auf Staaten, beispielsweise aufgrund nicht ausgeschöpfter Kapazitäten mangels verbindlicher Quoten oder wegen der Ungleichbehandlung von Erstzufluchtsstaaten, wenn Aufnahmebereitschaft geknüpft wird an außen- und sicherheitspolitische Beziehungen sowie wirtschaftliche Faktoren. Hinzu kommt, dass es es keine einheitliche Praxis beim Auswahlprozess gibt, das betrifft vor allem den Resettlement-Begünstigtenkreis. Weiterführend kann es zu unterschiedlicher Behandlung im Resettlement-Staat kommen, vor allem zwischen Resettlement-Begünstigten und anderen Schutzsuchenden.
Status quo in Europa
Nach dem UNHCR besteht ein sogenanntes ‚resettlement gap‘, das heißt die Zahl der bedürftigen Personen ist größer als die von den Aufnahmestaaten angebotenen Plätze. Als Hoffnungsträger gilt Europa, denn mit einem Beitrag von nur etwa 10 Prozent zum weltweiten Resettlement im Schlüsseljahr 2016 sind die Kapazitäten (noch) nicht ausgeschöpft. Bisher verpflichten weder internationales Recht noch EU-Recht die EU-Mitgliedsstaaten Resettlement-Plätze anzubieten. 2016 hat die Kommission einen Vorschlag zur Schaffung eines Neuansiedlungsrahmens vorgelegt – erstmals in Form einer Verordnung. Der Rat hält dabei seine Position gegen verpflichtende Quoten aufrecht. Darüber hinaus deuten die aktuellen Verhandlungen auf ein verändertes Verständnis von Resettlement hin. Es wird ein starker Trend zu Resettlement als „instrument of migration management control“ kritisiert. Dies stehe im Konflikt mit dem traditionellen Konzept der langfristigen und humanitären Maßnahme. Die Verbindung von Menschen und Managementvorstellungen wirft Bedenken auf. Zu klären ist, was dieser Trend mit dem dadurch vermittelten Menschenbild über die EU und die Staatengemeinschaft aussagt.
Gemeinsames, zukünftiges EU Refugee Resettlement
Resettlement ersetzt das territoriale europäische Asylsystem nicht, vielmehr ergänzen sich Asyl und Resettlement und gewährleisten (gemeinsam) umfassenden Schutz. Im Hinblick auf ein umfassendes Schutzsystem für Europa ist Resettlement unverzichtbar und darf bei der Weiterentwicklung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nicht vernachlässigt werden. Die EU steht vor der Herausforderung, Solidarität und geteilte Verantwortung in einem gemeinsamen EU Resettlement-Rahmenwerk zu verwirklichen. Um in Zukunft dem ultimativen Anspruch einer nachhaltigen Lösung gerecht zu werden, muss EU Refugee Resettlement völker-, menschen- und asylrechtlich verankerte Schutzpflichten der EU und ihrer Mitgliedsstaaten einhalten. Vor diesem Hintergrund werden in meinem Vortrag auf dem JuWissDay 2019 folgende Thesen erörtert:
- Potentielle Quellen für Missbrauch und Diskriminierung im Resettlement-Prozess
- Nationale Unterschiede der Schutzstandards im Resettlement der EU-Mitgliedsstaaten
- Abgrenzung und Vorzug von Resettlement im Vergleich zu ‚Relocation‘
- Aktueller Resettlement-Ansatz des Rates vom traditionellen Konzept als humanitäre Maßnahme verschieden
- Supranationalität in der EU-Asylpolitik als wichtige Voraussetzung für die gemeinsame Entwicklung von Resettlement
- Zentrale Verwaltung des EU Resettlement erfordert Vertragsänderung sowie
- EU-Beitrag zum ‚resettlement gap‘ im Einklang mit Genfer Flüchtlingskonvention und anderen einschlägigen Verträgen.
Zitiervorschlag: Janine Prantl, ‚Lessons to be learned‘ für ein zukünftiges, geimensames EU Refugee Resettlement, JuWissBlog Nr. 70/2019 v. 19.6.2019, https://www.juwiss.de/70-2019/
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