Der Investitionsschutz mit Sondergerichten ist in der Debatte um die transatlantischen Freihandelsabkommen aus guten Gründen von zentraler Bedeutung. Hiernach können sich Investoren vor internationalen Sondergerichten („Schiedsgerichten“ oder „Tribunalen“) gegen staatliche Maßnahmen oder staatliches Unterlassen wehren. Im ersten Teil der Serie möchte ich die Funktionsweise des Investitionsschutzes am Beispiel des geplanten Freihandelsabkommens mit Kanada, dem Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA), erörtern. Dabei möchte ich auch den so genannten „reformierten Investitionsschutz“ in der neuen CETA-Variante kritisch würdigen. Ich werde zeigen, dass die grundlegenden Mängel nicht behoben sind: Nach wie vor gibt es ein Sonderrechtsregime mit Sondergerichten, das nur für Investoren zugänglich ist. Im zweiten Teil der Serie – der in der kommenden Woche auf dem hiesigen Blog erscheinen wird (Anm. d. Red.) – werde ich vertiefend auf einige demokratische Probleme des Investorenschutzes bei CETA eingehen.
Vom Fremdenrecht zum Investitionsschutzvertrag
Nach klassischem Völkerrecht genießen „Fremde“ auf dem Gebiet eines Staates gewohnheitsrechtlichen Schutz vor willkürlicher Behandlung und Enteignung („Fremdenrecht“). Dieser Mindeststandard wurde seit dem Ende des 18. Jahrhunderts flankiert durch bilaterale Verträge über „Freundschaft, Handel und Schifffahrt“, die neben handelsrechtlichen Bestimmungen auch Regelungen über den Schutz ausländischen Vermögens enthielten. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts war Deutschland Vorreiter eines neuen Typs von Handelsverträgen, den „bilateralen Investitionsschutzverträgen“ („BIT“). Diese weiteten die Investitionsschutzregeln erheblich aus und schufen die internationalen Sondergerichte. Dabei schloss die Bundesrepublik Deutschland Verträge mit Investititonsschutzklauseln fast ausschließlich mit so genannten Entwicklungsländern ab, von denen keine Klagen zu befürchten waren, weil aus diesen Staaten keine Investitionen in der Bundesrepublik erfolgten. Eine Ausnahme bildet der Energiecharta-Vertrag von 1994, auf dessen Basis die Bundesrepublik Deutschland vom Energieriesen „Vattenfall“ wegen des Atomausstiegs und wegen Streitigkeiten um die Genehmigung des Kohlekraftwerkes in Hamburg-Moorburg auf hohe Schadensersatzsummen verklagt wurde. Das Verfahren um Hamburg-Moorburg endete mit einem Vergleich und erheblichen Zugeständnissen an den Investor; der Ausgang des Verfahrens zum Atomausstieg ist noch offen.
Die Europäische Kommission ist derzeit bestrebt, die Handelszuständigkeit der Europäischen Union zu nutzen, um ein engmaschiges Netz von Investitionsschutzverträgen mit den verschiedensten Regionen dieser Welt zu spinnen. Das deckt sich mit den Aktivitäten der Vereinigten Staaten und vieler anderer Staaten. Dabei finden die transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP (mit den USA) und CETA (mit Kanada) Niederschlag in der öffentlichen Debatte, alle anderen Abkommen werden – fatalerweise – unterhalb des Radars der öffentlichen Aufmerksamkeit vorangetrieben.
Prozessrecht: Vom Schiedsgericht zum „ständigen Schiedsgericht“
Die öffentliche Diskussion über CETA wird teilweise gezielt auf das Prozessrecht gelenkt, weil es hier im Rahmen des so genannten reformierten Investitionsschutzes kleinere, institutionelle Verbesserungen gibt.
Im traditionellen Investitionsschutz wurden die Schiedsgerichte von Fall zu Fall zusammengestellt und die Schiedsrichter nach bestimmten Regeln von den Streitparteien ausgewählt. Bei Schiedsverfahren unter dem CETA benennt der Gemischte Ausschuss unter dem Vorsitz des kanadischen Handelsministers und des EU-Handelskommissars („Joint Comittee“) 15 ständige Schiedsrichter*innen, fünf aus der EU; fünf aus Kanada und fünf aus Drittstaaten. Über die einzelnen Fälle entscheiden Kammern aus drei Schiedsrichter*innen, die jeweils aus den drei genannten Gruppen stammen. Dabei erfolgt die Zusammensetzung der Kammern nach dem Zufallsprinzip, sodass die Streitparteien nicht vorher wissen können, wer ihren Fall bearbeitet. Die Schiedsrichter*innen müssen in ihrem Heimatland die Befähigung zum Richteramt haben oder Jurist*innen von anerkannter Kompetenz sein. Sie sollen Expertise im Völkerrecht, nach Möglichkeit auch im Investitionsschutzrecht und im internationalen Handelsrecht besitzen. Während ihrer Tätigkeit als ständige Schiedsrichter dürfen sie weder Rechtsberater*innen, Sachverständigernoch Zeug*inneneines anderen Verfahrens unter einem der zahlreichen Investitionsschutz-Verträge sein. Zudem gibt es eine Revisionsinstanz und mehr Transparenz, zum Beispiel öffentliche mündliche Verhandlungen.
Das sind fraglos Fortschritte, aber sie rechtfertigen nicht, nun von der Schaffung eines internationalen Gerichts zu setzen. Denn auch das neue System setzt auf Richter*innen als Teilzeitkräfte. Die Auswahl der Richter*innen ist nur sehr rudimentär geregelt. Es steht daher zu befürchten, dass auch im neuen System Handelsrechtler*innen weitgehend unter sich bleiben. Der Deutsche Richterbund hat sich in einer Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission zu den TTIP-Verhandlungen geäußert, die nahezu wortgleich mit den Bestimmungen im aktuellen CETA-Entwurf sind. Er sieht keinen qualitativen Sprung von einem „Schiedsgericht“ zu einem internationalen Gericht, und schlägt deshalb vor, den neuen Spruchkörper als „ständiges Schiedsgericht“ zu bezeichnen.
Inhalte der Investorenrechte: Nichts Genaues weiß man nicht
Der Hauptknackpunkt ist aber die inhaltliche Seite der Investor-Sonderrechte. Hier bringt auch der so genannte „reformierte Investitionsschutz“ nichts Neues. Ausgangspunkt des Investitionsschutzes war der Schutz vor willkürlicher Enteignung. Darüber sind moderne Investitionsschutzabkommen längst hinaus. Geschützt wird nicht nur das Eigentum, sondern „Investitionen“.
Nach dem CETA-Entwurf sind Investitionen „Vermögenswerte jeder Art [..] die Merkmale einer Investition aufweisen; hierzu gehören eine gewisse Dauer und andere Merkmale wie die Bindung von Kapital oder anderen Ressourcen, die Erwartung von Wertzuwachs oder Gewinn oder die Übernahme von Risiken“ (Artikel 8.1 CETA).
Von diesem uferlosen Schutzbereich umfasst ist also nahezu jedes irgendwie geartete Interesse, das man zu Geld machen kann; so auch behördliche Genehmigungen wie zum Beispiel Bergbaukonzessionen. Geschützte Investoren sind natürliche oder juristische Personen einer Vertragspartei, die allerdings eine „substanzielle wirtschaftliche Tätigkeit“ auf dem Territorium einer Vertragspartei ausüben müssen. Ausgeschlossen sind damit wohl nur reine Briefkastenfirmen. Das Tor für Klagen steht damit nicht nur für die vergleichsweise kleine Zahl kanadischer Unternehmen im engeren Sinne offen, sondern bietet auch den „Global Playern“ jedweder Nationalität eine leicht zu erlangende Eintrittskarte für die Investoren-Sonderrechte. Damit betrifft das Abkommen nicht nur die vergleichsweise kleine kanadische Volkswirtschaft, was die gleich geschilderten demokratischen Bedenken noch dringlicher erscheinen lässt.
Investorenrechte
Ich beginne mit den eher unproblematischen Inhalten: CETA enthält ein allgemeines Diskriminierungsverbot ausländischer gegenüber inländischen Unternehmen. Die Meistbegünstigtenklausel, nach der eine Schlechterstellung gegenüber Investitionsschutzabkommen mit anderen Staaten verboten ist, gilt nur sehr eingeschränkt. Natürlich ist ebenfalls auch der Schutz vor der klassischen Enteignung enthalten. Darüber hinaus ist die Frage schwer zu beantworten, denn die Tatbestände haben generalklauselartigen Charakter und sind daher schwer zu fassen:
Der wichtigste Standard ist ein gutes Beispiel für diesen Befund. Investoren haben einen Anspruch auf „billige und gerechte Behandlung“ („fair and equitable treatment“), Artikel 8.10 CETA. Aus dieser mehr als unbestimmten Formel ergibt sich nach der Leitentscheidung eines Schiedsgerichts auf der Basis eines spanisch-mexikanischen Investitionsschutzvertrages (Tecmed gegen Mexiko), dass der Staat
„in einer konsistenten Weise, frei von Mehrdeutigkeit und völlig transparent in seiner Beziehung zum ausländischen Investor zu handeln habe, so dass dieser im Vorhinein alle Normen und Regeln kenne, die seine Investition betreffen, sowie die Ziele der einschlägigen Politiken und Verwaltungspraktiken und –anweisungen, um seine Investition planen und diesen Regeln entsprechen zu können.“( S. 133, Rn 154)
Es ist verständlich, dass sich Investoren totale Transparenz und völlige Berechenbarkeit wünschen. In einem Mehrebenensystem mit Kommunen, Ländern, dem Bund und der EU ist das aber schwer zu leisten, da die verschiedenen Ebenen nicht selten gegenläufige Interessen verfolgen oder von anderen politischen Mehrheiten regiert werden. Hinzu kommt, dass in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen ein politischer Kurs nicht selten aufgrund neuer Mehrheiten, von Bürgerprotesten oder gewandelter Einstellungen geändert wird. Die bekannten Fälle, in denen die Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Energiecharta-Vertrages verklagt wurde, illustrieren das. Der Atomausstieg oder neue Auflagen für das Kraftwerk in Hamburg-Moorburg kamen auf Druck von Massendemonstrationen nach der Reaktor-Katastrophe in Fukushima bzw. einem Regierungswechsel in Hamburg zustande. Die prinzipielle Möglichkeit einer Kurskorrektur ist in unserer Rechtsordnung gewollt. Die Demokratie hat Vorrang vor einem günstigen Klima für Investoren.
Im CETA-Entwurf soll der Inhalt der „gerechten und billigen Behandlung“ durch einen Katalog näher bestimmt werden. Dieser enthält bisherige Fallgruppen aus der Schiedsgerichts-Rechtsprechung, die aber teilweise ihrerseits sehr unbestimmt sind. So ist der Begriff „offensichtliche Willkür“ offensichtlich sehr unpräzise.
Problematisch ist überdies, dass der „Gemischte Ausschuss“ den Katalog nachträglich erweitern kann. Damit kann der Inhalt des Vertrages geändert werden, ohne dass die regulären Verfahren zur Änderung eines völkerrechtlichen Vertrages beachtet werden müssen. Ohne Beteiligung der Parlamente ist die Gefahr einer nachträglichen Haftungserweiterung real.
Für einen Verstoß gegen die „gerechte und billige Behandlung“ kann berücksichtigt werden, dass staatliche Stellen eine „spezifische Aussage“ getroffen und damit beim Investor eine „legitime Erwartung“ geweckt haben, die Grundlage seiner Entscheidung für die Investition geworden ist. Der Begriff „spezifische Aussage“ („specific representation“) ist denkbar unbestimmt. Nach deutschem Recht entsteht schützenswertes Vertrauen auf zukünftiges Handeln des Staates grundsätzlich nur durch Rechtsakt oder eine schriftliche Zusicherung (vgl. § 38 Verwaltungsverfahrensgesetz). Nach CETA haben die ständigen Sondergerichte einen erheblich größeren Spielraum. Denkbar ist, dass auch Interviews von Politikern oder unbedachte Aussagen von Verwaltungsmitarbeitern Anknüpfungspunkt für rechtlich geschütztes Vertrauen bilden.
So kann jede staatliche Maßnahme nach Abwägung im Einzelfall als „ungerecht“ und „unbillig“ qualifiziert werden. Umweltauflagen, Regeln zum Gesundheitsschutz wie ein Rauchverbot oder eine Zuckersteuer, kommunale Bebauungspläne oder „übermäßige“ Steuern – der Phantasie der Sondergerichte und der klagenden Investoren sind keine Grenzen gesetzt.
Ähnlich ist die Lage bei dem zweiten praktisch bedeutsamen Investorenrecht. Nicht nur die „direkte Enteignung“, sondern auch eine „indirekte Enteignung“ kann vor ein Sondergericht gebracht werden. Direkte Enteignung bedeutet Entzug des Eigentums; der Begriff erhält mithin seine Konturen durch die Ausgestaltung des Eigentumsrechts in der jeweiligen nationalen Rechtsordnung. Eine „indirekte Enteignung“ lässt das Eigentum bestehen, beschränkt allerdings den Eigentümer in der Nutzungsmöglichkeit seines Eigentums. Damit kann jede denkbare staatliche Regelung gemeint sein. „Übermäßige“ Steuern, „exzessive Umweltstandards“ oder die Verweigerung einer Betriebserlaubnis können im Ergebnis als indirekte Enteignung angesehen werden, wenn ein Sondergericht die Maßnahme im Einzelfall unverhältnismäßig findet.
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Besten Dank für diesen sehr guten und in einer sachlichen Diktion verfassten Artikel ,der eine konzentrierte Darstellung des wichtigsten Themas der ganzen Abkommen enthält.
Vielen Dank für den Kommentar, zu dem ich gerne ebenfalls zu ausgewählten Passagen Stellung nehme.
Zunächst möchte ich noch einmal festhalten, dass über die Verlinkung zu meiner (veralteten) Kandidatenseite ziemlich offensichtlich ist, dass ich mich als SPD-Kandidat engagiere. Da die SPD aber zum Thema CETA sehr diverse Meinungen hat, wüsste ich nicht, warum ich weniger „ungefangen“ zu dem Thema schreiben sollte als andere. In diesem Zusammenhang wäre es auch spannend, den Klarnamen des Kommentators zu erfahren.
Verfahrensrecht: Auch die neuen „Tribunale“ entsprechen nicht den Standards, die an internationale „öffentlich-rechtliche“ (wobei fraglich ist, wie weit diese Analogie zum innerstaatlichen Recht überhaupt trägt) Gerichte anzulegen sind. Mehr wollte ich nicht feststellen und diese Aussage ist vom Kommentator auch nicht widelegt.
Die von mir (und allen gängigen Lehrbüchern des Investitionsschutzrechts) angeführte Leitentscheidung mit der zitierten Formel beschreibt anders als der Kommentator nahe legt, vom Wortlaut her genau den Umstand, dass es um Vertrauensschutz geht. Insofern ist es ein vermeidbares Missverständnis, wenn der Kommentator mir die Behauptung unterschiebt, es handele sich dabei um einen Anspruch auf „Unveränderlichkeit der Rechtsordnung“. Allerdings erhält der Vertrauensschutz hier ein Gewicht, das der Deutschen Rechtsordnung fremd ist.
Alle übrigen Einwände werden im zweiten Teil der Serie behandelt. Es ist naiv, zu glauben, man könne mit generalklauselartigen Rechtsbergriffen die Rechtsprechung für alle Zukunft determinieren. Wenn der Autor schreibt, dass (nach jetzigem Stand) „im Zweifel“ für das Regulierungsrecht des Staates zu entscheiden sei, dann ist die Frage offen, wann denn ein Handelsrechtler Zweifel hegt und wann nicht. Genaueres wie gesagt im zweiten Teil der Serie.
Ein Beitrag, der leider überwiegend an der Oberfläche der rechtlichen Probleme bleibt (by the way, wie wäre es mit einer ausdrücklichen Offenlegung, dass der Autor SPD-Kandidat ist, und insofern vielleicht nicht ganz unbefangen in seiner wissenschaftlichen Position ist?).
Einige ausgewählte Einwürfe:
Hinsichtlich der Verfahrensrechte arbeitet der Autor nicht heraus, dass ein Hauptvorwurf gegen die Qualifikation der Schiedsrichter bisher darin bestand, Paradigmen der koordinationsrechtlichen commercial arbitration auf ISDS zu übertragen. Wenn das CETA nun ausdrücklich eine Qualifikation im Völkerrecht verlangt, und dabei insbesondere im Investitionsschutzrecht und im internationalen Handelsrecht, dann meint letzteres gerade nicht die commercial arbitration, sondern das völkerrechtliche Welthandelsrecht (trade law). Das Problem, dass ISDS durch zivilrechtliche statt öffentlich-rechtliche Paradigmen geprägt würde, entfällt an dieser Stelle also gerade.
Zur „inhaltlichen“ Seite: Dem Autor scheint die Idee völlig fernliegend, dass auch vergleichsweise unbestimmte Rechtsbegriffe durch Wissenschaft und Rechtsprechung eine hinreichende Konturierung erfahren können (1). Das spricht natürlich nicht dagegen, bei der Vertragsgestaltung möglichst konkrete Begriffe zu verwenden; ebendies wurde bei CETA jedoch getan (2). Darüber hinaus lässt der Autor völlig unberücksichtigt, dass die materiellen Schutzstandards des CETA in einem größeren Regelungszusammenhang auszulegen sind (3).
1. Der Schutzstandard des fet gehört sicherlich zu den problematischsten in BITs. An dieser Stelle suggeriert der Autor jedoch, die Tecmed-Entscheidung spiegele als „Leitentscheidung“ den unstr. Prüfungsmaßstab. Diese Entscheidung ist vielmehr knapp 13 Jahr alt und offensichtlich unnuanciert; der fet-Standard wird in der Rechtsprechung und Literatur nach h.M. gerade nicht als Garantiestandard aufgefasst, nach dem ein Investor auf die Unveränderlichkeit der Rechtsordnung vertrauen dürfe. Es handelt sich vielmehr um einen Vertrauensschutztatbestand, bei dem bei der Frage, ob ein legitimes Vertrauen vorliegt, das unstr. Regulierungsrecht des Staates natürlich zu berücksichtigen ist.
2. Auch wenn man – nachvollziehbarer Weise – nicht darauf vertrauen möchte, dass sich *jedes* Gericht dieser Rechtsauffassung anschließt, ergibt sich doch aus dem CETA eine hinreichende Konkretisierung in dieser Hinsicht. Nicht verständlich ist insoweit ausgerechnet die Kritik am Begriff der „offensichtlichen Willkür“, legt dieser doch einen offensichtlich hohen Standard an, um eine Haftung des Staates auszulösen.
Wenn Art. 8.10 Abs. 4 eine „specific representation to an investor to induce a covered investment” fordert, dann liegt es erkennbar fern, abstrakt-generelle Regulierungsänderungen als Anknüpfungspunkt für einen Vertrauensschutz anzuerkennen – diese sind weder „specific“, noch gerade gegenüber einem Investor, noch kausal für eine Investition.
Hinsichtlich der indirekten Enteignung stellt der Beitrag schließlich jeden Versuch einer Differenzierung ein. Ja, natürlich kann potentiell jede staatliche Regelung der Nutzungsmöglichkeiten des Eigentums einen Anknüpfungspunkt für eine indirekte Enteignung sein (übrigens auch bei einer ISB des Art. 14 GG…). Das bedeutet aber nicht, dass jede indirekte Enteignung entschädigungspflichtig ist. Wann die Schwelle zur entschädigungspflichtigen Enteignung überschritten ist, wird seit mehr als einem Jahrzehnt in Literatur und Rechtsprechung diskutiert. Im CETA finden sich dazu weitgehende Klarstellungen im Annex 8-A und insbesondere in dessen Abs. 3 der Maßstab, dass nur in „rare circumstances“ (die weiter definiert werden!) eine indirekte Enteignung anzunehmen ist.
3. Bedauerlicher Weise ignoriert der Autor darüber hinaus die Bestimmung des CETA, die vor die Klammer gezogen das Regulierungsrecht der Staaten absichert. Hinsichtlich jeder der aufgeworfenen Rechtsfragen wird durch Art. 8.9 CETA im Zweifel zu Gunsten des Staates zu entscheiden sein, wenn eine Investition lediglich durch eine allgemeine Regulierung beeinträchtigt wird. Wenn der Autor insofern suggeriert, ein Rauchverbot, eine Zuckersteuer etc. könnten eine Verletzung darstellen, fehlt es daran an einer belastbaren Begründung.