Sustainable Universities

von CLAUDIA SIUDA

ClaudiaSiudaNachhaltigkeit ist ein Begriff, der heutzutage an so ziemlich jeder Ecke lauert. Nicht selten wird dabei zuerst an ein Produkt oder eine Dienstleistung gedacht, die als nachhaltig, bewusst und zukunftsfähig angepriesen wird. Woran würde man aber denken, wenn man die Begriffe „Nachhaltigkeit“ und „Hochschule“ in einem Satz verwenden muss? Was verbirgt sich eigentlich hinter dem vielfältigen Ausdruck der Nachhaltigkeit in diesem Kontext? Kann man im Hochschulwesen Nachhaltigkeit überhaupt sichern? Lässt sich solches durch rechtliche Regelungen bewerkstelligen?

Nachhaltigkeit steht für viele Schlagworte und muss interdisziplinär verstanden werden. Der Begriff umfasst betriebswirtschaftliche, volkswirtschaftliche, sozioökonomische und rechtliche Perspektiven. An einer Universität betrifft Nachhaltigkeit daher „alle“: Studierende, Forschende, Lehrende, MitarbeiterInnen von Sekretariaten, Personalbüros und Bibliotheken, um nur einige zu nennen. Und Nachhaltigkeit betrifft „alles“: Hochschulmanagement, Hochschularchitektur, Umweltschutz und Betriebsökologie, Arbeitsplatzgestaltung im Rahmen einer Work-Life-Balance, Lehre und Forschung, die in Wissenstransfer mündet, in Debatten oder Problemlösungspräsentationen, die auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Was kann das Recht dazu beitragen, um Nachhaltigkeit im Hochschulwesen sicherzustellen?

Mehr als ein leeres Schlagwort

Immer mehr Universitäten engagieren sich im Bereich der Nachhaltigkeit. So haben sich in Österreich im Februar 2012 auf Anregung des damaligen BMWF (Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung) mehrere solcher Universitäten zur Plattform „Allianz nachhaltige Universitäten“ zusammengeschlossen. Diese Plattform dient zur universitätsübergreifenden Kooperation und zählt mittlerweile neun österreichische Universitäten als Mitglieder. Schon bald nach dem Zusammenschluss wurden universitätsspezifische Nachhaltigkeitskonzepte in die Leistungsvereinbarungen gemäß § 13 Universitätsgesetz (UG) aller neun Allianz-Universitäten aufgenommen. Durch die Leistungsvereinbarung, einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Bund und der jeweiligen Universität, erfolgt die Vergabe finanzieller Mittel für Leistungen der Universität, die alle drei Jahre neu definiert werden. Die Universität verspricht somit Leistungen, zu deren Finanzierung sich der Bund verpflichtet. Damit ist die Leistungsvereinbarung das zentrale Element der öffentlichen Universitätsfinanzierung und Universitätssteuerung. Die einzelnen Nachhaltigkeitskonzepte enthalten verbindliche Ziele und Handlungsweisen in den Bereichen Forschung, Lehre, Umweltmanagement und Betriebsökologie sowie Wissenstransfer und Öffentlichkeitsarbeit. So bemühen sich die Universitäten beispielsweise um einen Wissensaustausch mit der Gesellschaft, indem sie nachhaltigkeitsbezogene Veranstaltungen organisieren und sich in Nachhaltigkeitsnetzwerken aktiv einbringen. Auch in Lehrveranstaltungen, Studienplänen und ebenso in der Forschung spielen Nachhaltigkeitsthemen eine immer größere Rolle. Bei der Instandhaltung oder beim Neubau von Universitätsstandorten wird versucht, umweltschädliche Auswirkungen zu minimieren. Gerade bei den Standorten wird darauf geachtet, dass diese an das städtische Fahrradnetz angebunden sind und auch barrierefrei erreicht werden können.

Ein Preis als Motivation

Schon 2007 wurde der Sustainability Award vom BMLFUW (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) und dem damaligen BMWF (Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung) ins Leben gerufen. Ziel war und ist es, einen Anreiz zu bieten, damit Nachhaltigkeit im Hochschulwesen einerseits gefördert, andererseits öffentlich gemacht wird. Diese Auszeichnung soll österreichische Universitäten, Fachhochschulen und pädagogische Hochschulen motivieren, Nachhaltigkeit aktiv in ihr Hochschulmanagement einzubauen und sich hierbei ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu sein. Der Sustainability Award bezieht sich auf langfristige universitäre Verbesserungen, auf lokaler und globaler Ebene, über Generationen- und Ländergrenzen hinweg. Hochschulen sollen auch dazu beitragen, die Akzeptanz der Nachhaltigkeit in der Gesellschaft maßgeblich zu erhöhen. Die Breite der Handlungsfelder, die dieses Jahr prämiert wurden, macht umso deutlicher, wie umfangreich der Begriff der Nachhaltigkeit ist. So erhielt beispielsweise die Wirtschaftsuniversität Wien den Sustainability Award 2014 für das LV-Modul „Zukunftsfähiges Wirtschaften I+II“ im Handlungsfeld Lehre und Curricula, die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck punktete mit dem Energieeffizienzleitfaden im Handlungsfeld Verwaltung und Management und die Universität für Bodenkultur Wien, die Karl-Franzens-Universität Graz und die Technische Universität Graz erhielten den Award für das hochschulübergreifende Projekt „Sustainicum Collection“ im Handlungsfeld Regionale Kooperation.

Nachhaltigkeit leg cit?

Ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist im Hochschulwesen also durchaus vorhanden. Das österreichische Universitätsgesetzspricht jedoch nicht immer explizit von Nachhaltigkeit. Trotzdem kann etwa die universitätsinterne Evaluierung und Qualitätssicherung gemäß § 14 UG dazu beitragen, Nachhaltigkeit langfristig zu sichern. Auch wenn Qualität und Nachhaltigkeit nicht unbedingt Synonyme sind, gehen diese Begriffe doch miteinander Hand in Hand. Evaluierungsergebnisse werden veröffentlicht und sollen dazu dienen, Mängeln zu beseitigen und Qualität in Forschung und Lehre zu verbessern. Die Herausforderung besteht darin, nachhaltige Qualitätsmanagementsysteme einzurichten. Die Durchführung der externen Qualitätssicherung in periodischen Abständen ist im Hochschul- Qualitätssicherungsgesetz festgelegt. Dabei steht es den Universitäten frei, eine international anerkannte und unabhängige Qualitätssicherungsagentur für das Audit in Anspruch zu nehmen. In punkto Qualität werden im Gesetz zwar Schlagworte aufgezählt, aber eine allgemein gültige Definition von Qualität gibt es schlichtweg nicht. Fest steht jedenfalls, dass die Qualität im Hochschulwesen durch Nachhaltigkeit erhöht werden kann. Eine genauere Definition der universitätsspezifischen Nachhaltigkeit findet sich in den einzelnen Leistungsvereinbarungen.

Step by step: Nachhaltigkeit als Lernprozess

Auch wenn unbestritten ist, dass die Sicherung von Nachhaltigkeit, Stabilität und Qualität positiv für alle Akteure ist, lässt sich genauso wenig bestreiten, dass dies alles Prozesse sind, die Schritt für Schritt umgesetzt werden müssen. Nachhaltigkeit bleibt daher ein Lernprozess und muss in die ureigensten Aufgaben der Universitäten, nämlich Forschung und Lehre, integriert werden. Dass es kein Universalrezept gibt, und dass auch das Recht kein solches bieten kann, wie man Nachhaltigkeit fördern kann, ohne Forschung und Lehre zu vernachlässigen und umgekehrt, liegt auf der Hand. Ebenso klar ist aber auch, dass das Recht durchaus dazu beitragen kann, das Bewusstsein und das Pflichtgefühl für die Einbindung von Nachhaltigkeit in Forschung und Lehre, und darüber hinaus zum Beispiel in Hochschulmanagement, Arbeitsplatzgestaltung und Betriebsökologie, zu stärken. Dazu tragen die Leistungsvereinbarungen bei, in kleineren Schritten für kleinere Perioden werden wechselseitige Rechte und Pflichten definiert. Bei der Frage, ob die Leistungsvereinbarungen erfüllt wurden, wird mit der Zeit bestimmt eine Konkretisierung der Begriffe erfolgen und dies wird wiederum Auswirkungen auf die rechtswissenschaftliche Forschung zum Thema Nachhaltigkeit haben. Die Nachhaltigkeit wird durch die Leistungsvereinbarungen jedenfalls zum Vertragsbestandteil und verkommt nicht zum bloßen Slogan. Ob dies ausreicht, werden die Universitäten und ihre Angehörigen nach altbewährter Methode erfahren: learning by doing.

Claudia Siuda, Hochschulrecht, Leistungsvereinbarung, Nachhaltigkeit, Qualitätssicherung, Sustainability
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