von JUWISS-REDAKTION
Während wir uns vor zwei Wochen an der Assistententagung in Bern darüber unterhielten, wie es um die Verfassungsgerichtsbarkeit in der Schweiz bestellt ist, schuf das Schweizerische Bundesgericht Fakten: In der schriftlichen Begründung zu einem Entscheid vom 12. Oktober 2012 (Urteil 2C_828/2011) stellte es klar, dass auch nach Annahme der Ausschaffungsinitiative beim Widerruf der Niederlassungsbewilligung von Ausländer_innen eine Verhältnismässigkeitsprüfung im Einzelfall vorgenommen werden muss – dies im offensichtlichen Widerspruch zur Initiative. Die neue Verfassungsbestimmung sollte bei der Verurteilung wegen bestimmter Straftaten automatisch zur Ausschaffung führen.
Zu einer Konfliktlage zwischen Verfassungs- und Völkerrecht kann es in der Schweiz kommen, weil das direktdemokratische Initiativrecht kaum inhaltliche Schranken kennt; ungültig sind Initiativen nur, wenn sie ius cogens verletzen (Art. 139 Abs. 3 BV).
Zwei Gastautoren nehmen sich nun dieses Urteils an und gelangen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Hüseyin Celik hält den Entscheid für „politisch spektakulär und juristisch revolutionär“. Anders Rafael Häcki: das Bundesgericht habe „schlicht die geltende Rechtslage ausformuliert“.