von FREDERIK FERREAU
Im Netz waren „Die Rekruten“ ein viraler Hit, nun sollen sie auch im Fernsehen für gute Quoten sorgen: Die Bundeswehr hat ihre zu Werbezwecken produzierte YouTube-Serie an RTL II weiterlizenziert. Das wirft die Frage auf, ob und inwieweit sich der Staat überhaupt als Anbieter von TV-Content betätigen darf.
Die Abschaffung der Wehrpflicht zwingt die Bundeswehr dazu, offensiver um die Soldaten von morgen zu werben. Was liegt da näher, als dort hinzugehen, wo sich junge Menschen heutzutage primär informieren – mit einem Format nach dem (vermeintlichen) Geschmack der Zielgruppe? Dachte sich wohl auch das Bundesministerium der Verteidigung und ließ eine Web-Serie für ihren YouTube-Auftritt produzieren, welche Rekruten während ihrer Grundausbildung begleitet. Gerade erst ist die letzte Episode veröffentlicht worden, das Fazit: Die „Rekruten“ entwickelten sich zu einem Überraschungserfolg und weckten entsprechende Begehrlichkeiten bei Fernsehsendern, stießen aber auch auf Kritik wegen der Art der Darstellung („Verharmlosung“) des Soldatenberufs oder der hohen Kosten – immerhin gab das Ministerium für die Produktion stolze acht Millionen Euro aus. Eine Fortsetzung ist nicht geplant, allerdings soll im Herbst eine neue Bundeswehr-Serie viral gehen.
Nun wird also ein Zusammenschnitt der „Rekruten“ im Fernsehen ausgestrahlt. Der Staat tritt dadurch erstmals als Medienunternehmer, nämlich als Vermarkter von Rechten an audiovisuellem Content auf. Das verlangt nach einer juristischen Würdigung – sowohl bezüglich der Kompetenz des Staates für derlei Betätigungen als auch bezüglich deren Vereinbarkeit mit dem Gebot der Staatsferne der Medien:
Die Zulässigkeit staatlicher Informations- und Öffentlichkeitsarbeit
Zunächst einmal besteht nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG eine Kompetenz staatlicher Organe zur Entfaltung von Informations- und Öffentlichkeitsarbeit (vgl. BVerfG ebd., Rn. 3): Der Staat soll (und muss mitunter) seine Bürger über politische und gesellschaftliche Entwicklungen informieren, um diese in ihrem individuellen wie öffentlichen Meinungs- und Willensbildungsprozess zu unterstützen. Dazu zählt auch die Eigenwerbung für staatliche Institutionen, zumal zum Zwecke der, nun ja: Rekrutierung neuer Arbeitnehmer. Und es ist ihm prinzipiell auch gestattet, dazu neuartige Informationskanäle zu nutzen und auch neuartige Gestaltungsformen einzusetzen. Freilich sind hierbei – worauf bereits Matthias Friehe auf diesem Blog hingewiesen hat – die tradierten rechtlichen Grenzen für staatliche Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zu beachten, zu denen unter anderem das Sachlichkeitsgebot bei staatlichen Äußerungen zählt.
Insofern kann sich der Bund als die Bundeswehr tragende Körperschaft zunächst auf einen Kompetenztitel zur Bewerbung der Bundeswehr stützen: Über eigens angelegte Informationskanäle wird hier der Bürger auf das Ziel einer staatlichen Institution hingewiesen. Für die vorliegende Untersuchung zulässiger TV-Vermarktungstätigkeit des Staates wird unterstellt, dass auch eine Web-Serie nach (durchaus reißerischer) Machart der „Rekruten“ noch zulässig ist und nicht in Widerspruch zum Sachlichkeitsgebot steht; hierfür könnte zudem sprechen, dass dem Staat bei seiner Informationsarbeit – wie schon Tobias Mast auf diesem Blog ausgeführt hat – eine gewisse Anpassung an veränderte Rezipientenerwartungen und Kommunikationsgewohnheiten zuzugestehen ist, ohne ihm freilich pauschal jede von Privaten verwendete Kommunikationsform zu gestatten.
Weiterlizenzierung als Musterbeispiel wirtschaftlicher Haushaltsführung
Wenngleich die Haushaltsgrundsätze dem Staat keine Kompetenzen vermitteln, sondern lediglich bei der Ausübung bereits bestehender Kompetenzen zu beachten sind, stützen sie doch im Ergebnis das Vorgehen des Verteidigungsministeriums: Bei der Ausführung ihres jeweiligen Haushalts haben die Bundesministerien den in § 7 Abs. 1 Satz 1 BHO verankerten Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Dieser beinhaltet einmal das Minimalprinzip, wonach ein bestimmtes Ziel mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu erreichen ist, sowie das Maximalprinzip, wonach mit einmal ausgegebenen Mitteln der größtmögliche Erfolg zu erzielen ist. Die Zweitverwertung einer Web-Serie im Fernsehen dient der Befolgung beider Prinzipien, da die einmal angefallenen Produktionskosten durch die Lizenzerlöse teilweise gedeckt werden können und mit dem einmal eingesetzten Geld eine größere Reichweite der Serie erzielt werden kann.
Kompetenzbeschränkung durch das medienrechtliche Gebot der Staatsferne
Umfasst aber die Kompetenz zur Entfaltung von Informations- und Öffentlichkeitsarbeit auch die Befugnis, eine Web-Serie im „klassischen“ Fernsehen zeigen zu lassen? Ein solcher Vorgang ist bislang beispiellos in der staatlichen Informationspolitik. Das allein spricht noch nicht für seine Unzulässigkeit, doch könnte der Staat dabei möglicherweise an bislang wenig beachtete rechtliche Grenzen stoßen.
Als eine solche Grenze kommt das im Medienrecht verankerte Gebot der Staatsferne in Betracht: Der Staat soll Gegenstand medialer Berichterstattung sein und nicht der Berichterstatter selbst. Entsprechend dürfen staatliche Organe weder Zeitungen herausgeben noch Rundfunksender betreiben – letzteres ist etwa der Fall, wenn der Deutsche Bundestag ein „Parlamentsfernsehen“ veranstaltet, welches die Merkmale der Legaldefinition des „Rundfunks“ gemäß § 2 Abs. 1 RStV erfüllt, wie die Medienaufsicht bereits entschieden hat. Zulässig ist nach aktueller einfachgesetzlicher Rechtslage lediglich das Anbieten von Telemediendiensten, also beispielsweise nicht-linearer Abrufdienste in Form eines YouTube-Kanals.
Prima facie scheint der vorliegende Fall das Staatsfernegebot nicht zu tangieren, da die Bundeswehr keinen Rundfunksender betreibt, sondern lediglich die „Rekruten“ an einen privaten Rundfunksender lizenziert. Und dass staatliche Organe nicht nur auf eigens verantworteten Kanälen informieren, ist alles andere als unüblich – man denke nur an Anzeigen der Bundesregierung in Zeitungen oder Plakatkampagnen im öffentlichen Raum.
Letztgenannte Beispiele zeigen indes einen gravierenden Unterschied zum vorliegenden Fall: Schutzobjekt des Staatsfernegebots sind zunächst die Rezipienten. Tritt nun der Staat als normaler Werbetreibender in Medien auf, ist für den Rezipienten aufgrund der in allen Mediengattungen vorgeschriebenen Trennung von Werbung und redaktionellem Teil ersichtlich, dass es sich um Werbebotschaften staatlicher Organe handelt. Bei einer Ausstrahlung der „Rekruten“ im redaktionell gestalteten Programm eines Fernsehsenders ist dies jedoch nicht ohne weiteres ersichtlich. Denn es existiert keine gesetzliche Pflicht zur Kennzeichnung eines staatlich initiierten Inhalts im redaktionellen Teil eines TV-Programms.
Neben den Rezipienten sind aber auch die Rundfunkveranstalter selbst Schutzobjekt des Staatsfernegebotes: Sie sollen ihr Programm weitgehend losgelöst von staatlicher Einflussnahme erstellen. Das bedeutet zwar nach Ansicht des BVerfG nicht notwendigerweise eine vollständige Trennung zwischen Staat und Rundfunk, wie das Gericht sowohl im Hinblick auf die Gremienbesetzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als auch im Hinblick auf Parteienbeteiligungen an privaten Rundfunkveranstaltern judiziert hat. Doch müssen sämtliche strukturellen, personellen und – im vorliegenden Fall – geschäftlichen Verbindungen zwischen Staat und Rundfunk daraufhin untersucht werden, ob sie eine dysfunktionale Einflussnahme des Staates auf die Programmgestaltung bewirken.
Treten sich nun der Staat als Rechtvermarkter und ein TV-Sender als Geschäftspartner gegenüber, so flammen gleich zwei potentielle Gefahrenherde auf: Zum einen transportiert der „Staats-Content“ selbst die Haltung des Staates zu den Rezipienten; dass dabei der Sender in rundfunkrechtlicher Hinsicht das ausgestrahlte Programm verantwortet, ändert daran nichts. Zum anderen könnte die geschäftliche Verquickung bei dem Sender eine gewisse Rücksichtnahme auf die Interessen des staatlichen Vertragspartners auslösen, beispielsweise indem – im Extremfall – eine negative Berichterstattung über das staatliche Organ in den Nachrichtensendungen des Senders unterbleibt.
Auftrag an den Gesetzgeber: Beobachten und gegebenenfalls einschreiten
Gemäß der vom BVerfG vertretenen Ausgestaltungsdogmatik zur Rundfunkfreiheit ist es Sache des Rundfunkgesetzgebers, wesentliche Prinzipien einer freien Rundfunkordnung zu effektuieren. Zu diesen Prinzipien zählt auch das Staatsfernegebot. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber ist verpflichtet, dysfunktionale staatliche Einflussnahmen auf den Rundfunk abzuwehren.
Das Beispiel der „Rekruten“ sollte das Problembewusstsein bezüglich neuartiger Gefährdungslagen für die Staatsferne des Rundfunks schärfen. Die für den Rundfunk zuständigen Länder sollten daher die Entwicklung im Auge behalten und über eine gesetzliche Regelung staatlicher Content-Vermarktung im Rundfunk nachdenken: Diese könnte beispielsweise – zum Schutz der Rezipienten – Kennzeichnungspflichten bei der Ausstrahlung staatlicher Produktionen vorsehen oder – zum Schutz der Sender vor staatlicher Abhängigkeit – den zeitlichen Umfang solcher Produktionen am Gesamtprogramm auf ein akzeptables Bagatellmaß reduzieren.
Es mag sein, dass die Ausstrahlung der aktuellen Bundeswehr-Serie auf RTL II als unproblematischer Bagatellfall eingestuft werden könnte, was natürlich auch davon abhängt, ob und wie stark die Serie im Fernsehen reüssieren wird. Solange jedoch eine gesetzliche Regelung fehlt, marschieren die „Rekruten“ in einer rechtlichen Grauzone – eine Grauzone, die umso weniger hinnehmbar wäre, je mehr das Beispiel „Rekruten“ Schule machte.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Lieber Fred,
einige Gedanken zu Deinem Beitrag.
Du stellst korrekterweise heraus, dass das Gebot der Staatsferne den Schutz des Rezipienten unter Anderem vor Nutzung der speziellen Wirkmechanismen des Rundfunks (Suggestionskraft, etc.) für staatliche Beeinflussung in den Blick nimmt. Stellt nicht das von dir ebenfalls angesprochene Sachlichkeitsgebot, dass medienunspezifisch für sämtliche öffentliche staatliche Kommunikationstätigkeit gilt, ein entsprechendes Äquivalent für den Nicht-Rundfunk-Bereich dar?
Sicher, das Sachlichkeitsgebot wird leider denkbar weit (zu einer engen Auslegung s. mein Beitrag hier: https://wp.juwiss.de/37-2017/) gehandhabt und es sind wohl Konstellationen denkbar, die nicht gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen und dennoch eine Beeinflussung ausüben können, die aus dem Blickwinkel der strengeren Idee hinter dem Gebot der Staatsferne nicht mehr tolerierbar wären.
Jedoch ist dieses Gebot – wie Du ja auch ausführst – allenfalls mittelbar betroffen. Insofern ist es zumindest eine Überlegung wert, ob für diese Fälle nicht gilt, dass das, was die Hürde des Sachlichkeitsgebotes nicht gerissen hat (das prüfst Du ja leider nicht, würde ich aber auch als gegeben ansehen), auch die von Dir angedachte Grenze des aufgrund des Grundsatzes der Staatsferne einhält?
Du gehst in Deinem Beitrag offenbar davon aus, dass die Serie als Werbung im Sinne des RStV einzustufen wäre. Neben meinen Zweifeln an dieser Einschätzung (Werbung ist gem. § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Veranstalter entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern) sei angemerkt, dass exakt diese Einordnung für die Erkennbarkeit sorgen würde. Denn Werbung ist zu kennzeichnen. In diesem Fall wäre es dann gem. den Richtlinien der Landesmedienanstalten eine „Dauerwerbesendung“. Dass für staatliche Institutionen Werbung gemacht wird, ist dann ohne weiteres erkennbar. Übrigens: Würdest Du Deine Gedanken auch auf andere staatliche Institutionen wie bspw. das THW (https://www.youtube.com/watch?v=K_i0J8XpxpE) übertragen?
Ein weiterer Gedanke, der noch nicht ganz zu Ende gedacht ist: Mit dem Übergang zur Freiwilligenarmee wurde die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben in personeller Hinsicht vollständig auf den Arbeitsmarkt verwiesen. Muss es ihr dann nicht konsequenterweise möglich sein oder ermöglicht werden, waffengleich (haha!) mit anderen Arbeitgebern um die besten Kräfte zu werben – im wahrsten Sinne des Wortes? Dieses „muss“ ist sicherlich nicht rechtlich, sondern eher politisch zu verstehen und vermag daher selbstverständlich etwaige verfassungsrechtliche Bedenken nicht auszuhebeln.
Im Übrigen basiert doch das gesamte Recht des privaten Rundfunks auf der Annahme der Gesamtverantwortung für das Programm. Die einfachrechtliche rundfunkrechtliche Beurteilung für den vom Verteidigungsministerium produzierten und lizenzierten Inhalt fällt daher nicht anders aus, als die desselben Inhalts, der auf Eigeninitiative oder im Auftrag von einem privaten Produzenten hergestellt wurde.
Die Ausstrahlung des Beitrags transportiert nach diesem Konzept in erster Linie nicht die Meinung des Produzenten, sondern die des Ausstrahlenden. Deutlich wird dies auch daran, dass der Erwerb der Senderechte freiwillig geschieht und nicht etwa wie im Fall von Wahlwerbespots eine gesetzliche Vorgabe zur Ausstrahlung vorliegt. In diesen Fällen distanzieren sich die Sender ja auch deutlich vom Inhalt.
Diese freiwillig sendenden privaten Rundfunkveranstalter sind übrigens auch nur zur Ausgewogenheit des Gesamtprogrammes verpflichtet. Zu prüfen ist damit eben diese.
Wenn man nun die Nichtverletzung des Sachlichkeitsgebotes hinzunimmt, bleibt mE nicht mehr viel übrig für das Staatsfernegebot.
Konsequenter finde ich in der Tat, beim Erwerb anzusetzen. Ist es denkbar, dass der Rundfunkveranstalter durch den Erwerb die erforderliche Staatsferne inadäquat verkürzt? Dass die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zum Staat an sich bereits die Unabhängigkeit gefährdet?
Eine Rücksichtnahme im Rahmen der Nachrichtenberichterstattung aufgrund der geschäftlichen Beziehung halte ich für unwahrscheinlich. Denn erstens stellen die „Rekruten“ einen vielleicht nicht einmalig, aber doch sicherlich sehr selten aufkommenden Fall dar. Zweitens ist die Ausgewogenheit der Nachrichtenberichterstattung gesetzlich vorgeschrieben. Drittens dürften solche Verhaltensweisen, zumal sollten sie dauerhaft auftreten, der Kontrolle durch die Mitbewerber und auch der Zuschauer auffallen. Auf diese negative Publicity wird der private Rundfunkveranstalter sicher gern verzichten (ja ich weiß, dysfunktionale Staats- und Gruppennähe ist präventiv zu verhindern – heißt aber nicht, dass jeder noch so unwahrscheinlichen Gefahr begegnet werden muss, denke ich).
So, dass hätte anders ausformuliert nun auch fast für einen Antwortbeitrag ausgereicht 😉
Lieber Thomas,
ich ging davon aus, dass mein Beitrag Deine Aufmerksamkeit finden würde 😉 Daher vielen Dank für Deine ausführliche Kommentierung – genau darum geht es ja bei unserem Blog: möglichst ein neuartiges und noch nicht behandeltes rechtliches Thema aufspüren und damit eine Diskussion entfachen.
Inhaltlich zu Deinen Anmerkungen:
– Auch wenn das Sachlichkeitsgebot gewahrt ist, liegt eine staatliche Äußerung vor. Deshalb würde ich dann an den Inhalt keine anderen Maßstäbe anlegen. Dass im Übrigen das Sachlichkeitsgebot in der Judikatur eher weit als eng verstanden wird und dem Staat insbesondere klare Wertungen erlaubt, hast Du ja selbst bereits angemerkt.
– Was die Parallele zur Werbung angeht: Ja, inhaltlich sind wir hier nahe an den Vorgaben für Werbung dran. Im Grunde genommen sind die „Rekruten“ ja auch ein klassischer Fall von Native Advertising – mit allen rechtlichen Problemen, die damit verbunden sind (Schleichwerbung etc.). Nur geht das Gebot der Staatsferne in meinen Augen deutlich weiter und hat vor allem eine andere Zielrichtung, nämlich: Einflussnahme des Staates auf Rundfunkveranstalter zu verhindern. Die Parallelen sind lediglich struktureller Art, da es in beiden Fällen um die Sicherung der Unabhängigkeit der Anbieter geht – sei es Gruppendistanz bei Wirtschaftswerbung, sei es Staatsdistanz bei staatlichen Programmteilen. Daher halte ich es für denkbar, die gesonderte Problemlage mit vergleichbaren oder auch strengeren Maßnahmen wie im Bereich der Werbung zu sichern.
– Zur Verantwortung des Privatsenders und der freiwilligen Übernahme der Produktion: Da bin ich eben dezidiert anderer Meinung. Hier besteht ein Missbrauchspotential. Und es ist nun einmal Sache des Gesetzgebers, Missbrauchspotentiale im Rundfunk effektiv und vor allem: präventiv (!) auszuschließen. – Im Übrigen schützt die Vorgabe der Ausgewogenheit ja nur davor, dass die ausgestrahlte Themenauswahl ausgewogen ist; was ist aber, wenn bspw. ein negativer Bericht über eventuelle Bundeswehr-Skandale (jeder Bezug zur aktuellen Nachrichtenlage wäre an dieser Stelle natürlich rin zufällig…) überhaupt nicht ausgestrahlt wird, sondern im Giftschrank verschwindet, zum Wohle der Aufrechterhaltiung gedeihlicher Geschäftsbeziehungen zum Staat? Dann hilft Dir auch das Gebot der Ausgewogenheit nicht weiter. – Wie schon im Beitrag geschrieben: Das sind natürlich Extrembeispiele – aber auch die darf der Gesetzgeber bei der Rundfunkregulierung nicht außen vor lassen, sondern muss sie in seine Überlegungen einbeziehen.
– Abschließend: Ich bin mir eben nicht sicher, ob die „Rekruten“ ein singuläres Ereignis bleiben. Zum einen hat die Bundeswehr selbst schon die nächste Serie angekündigt, zum anderen kann das Beispiel Schule machen und andere staatliche Instutiionen zu ähnlichen Projekten animieren – zumal heutzutage immer mehr kreative Kompetenz von den Medienhäusern zu den Unternehmen/Verbänden/Institutionen abwandert. Ich finde, es lohnt daher, bereits heute darüber nachzudenken (und entsprechend zurückhaltend ist das Fazit meines Beitrags formuliert), ob wir solche Vorgänge gutheißen oder nicht (wozu ich, wie man wohl gemerkt hat, tendiere).
Soviel fürs Erste als Duplik 🙂