Schwerpunkt des Jungen Forums der Österreichischen Juristenkommission und des ClimLaw: Graz

von MARIA BERTEL

Der Klimawandel stellt das Recht vor vielfältige Herausforderungen. Anlässlich der Eröffnungstagung des ClimLaw: Graz (Research Center for Climate Law) an der Universität Graz hat das Junge Forum der Österreichischen Juristenkommission in Zusammenarbeit mit ClimLaw: Graz einen JuWiss-Schwerpunkt gestaltet, dessen Beiträge das komplexe Thema „Recht und Klimawandel“ aus ganz verschiedenen Perspektiven beleuchten.

Recht und Klimawandel als vernetzte Themen

1972 veröffentlichte der Club of Rome seine Studie „The Limits to Growth“. Schon zu diesem Zeitpunkt wiesen die Expertinnen und Experten darauf hin, dass die natürlichen Ressourcen endlich sind. Spätestens seit damals ist der Klimawandel als eine nicht nur die Staatsgrenzen überschreitende, sondern auch die Disziplinen übergreifende Herausforderung ins Bewusstsein gerückt. Das Recht sieht sich durch den Klimawandel vor besondere Herausforderungen gestellt. Dies zeigen die Beiträge des vom Jungen Forum der Österreichischen Juristenkommission in Kooperation mit ClimLaw: Graz kuratierten Schwerpunkts „Recht und Klimawandel“, mit dem dem Klimawandel als Querschnittsthema von verschiedenen Seiten begegnet werden soll. Der inhaltliche rote Faden der Beiträge kann dabei in der engen Vernetzung von nationalem, europäischen und internationalem Recht gesehen werden. Diese Vernetztheit zeigt sich auch an den Beiträgen der am 17. Juni 2020 stattfindenden Eröffnungstagung des ClimLaw: Graz, die den Anlass für diesen JuWiss-Schwerpunkt bildet.

Im Zentrum: Wirtschaft, Raum und Institutionen

Die Blog-Beiträge des Schwerpunkts lassen sich in drei Gruppen gliedern, die die Vielschichtigkeit des Klimawandels reflektieren, die sich ergänzen und miteinander in Verbindung stehen: Wirtschaft, Raum und Institutionen.

Der Klimawandel fordert zunächst eine nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschaft. Die Verbindung von Völker- und Unionsrecht zeigt sich in diesem Rahmen am Beitrag von Lydia A. Omuko Jung. Sie diskutiert das Verhältnis von Schlüsselprinzipien des WTO-Systems mit den geplanten Grenzausgleichsmaßnahmen der EU („Border Carbon Adjustment“). Ziel der Grenzausgleichsmaßnahmen ist es, die Einführung einer effektiven CO²-Abgabe zu beschleunigen und einen fairen, klimafreundlichen internationalen Markt herzustellen. Damit ist auch der Bogen zum Recht der EU und dem Green Deal gespannt, mit dem sich zwei Beiträge befassen, die beide starke Bezüge zum Themenbereich Wirtschaft aufweisen. Isabel Staudinger rückt den europäischen Grünen Deal in den Fokus und beleuchtet dabei insbesondere den Aspekt der Rechtsstaatlichkeit. Julian Pekler stellt die Frage, ob Öko-Bonds der Ausweg für die europäische Wirtschaft aus der Corona-Krise sein können.

Der Klimawandel betrifft jedoch nicht nur die Wirtschaft und den Markt, sondern auch den Raum. So ist zu erwarten, dass die Änderung klimatischer Bedingungen (z.B. das Ansteigen des Meeresspiegels oder die Zunahme von Naturgefahren) Menschen auf allen Kontinenten zur Abwanderung zwingen kann. Markus Scharler widmet sich in seinem Beitrag der österreichischen Situation und untersucht staatliche Schutzpflichten in Zusammenhang mit Absiedlungen aufgrund von Naturgefahren.

Schließlich verändert der Klimawandel auch Institutionen und ihre Funktionen. Es zeigt sich, dass z.B. Gerichten und ihren Entscheidungen eine andere Stellung zukommt, was Carlotta Garofalo mit ihrem Beitrag am Beispiel von Klimaklagen aufzeigt. Ein spezifisches Beispiel aus Ecuador liefert Andreas Gutmann. Er zeigt die Möglichkeiten und Schwierigkeiten für nationale Gesetzgeber und Gerichte beim Finden eigener Lösungen (konkret: im Rahmen des sog. neuen Konstitutionalismus Lateinamerikas) auf. Dabei zeigt sich insbesondere, dass Staaten zunehmend der Macht großer internationaler Unternehmen gegenüberstehen. Am interdisziplinär angelegten Beitrag von Louisa Parks wird sodann ersichtlich, wie innovative Formen der Beteiligung aussehen können. Louisa Parks zeigt in ihrem Beitrag auf, wie mittels sog. Community Protocols der lokalen Bevölkerung die Teilnahme an der Erarbeitung des internationalen Umweltrechtes eröffnet werden kann.

Die Bedeutung der Interdisziplinarität zeigt sich auch am Beitrag von Christoph Romirer, der sich mit Abwägungsentscheidungen im Klimaschutzrecht und interdisziplinären Ansätzen beschäftigt. Miriam Hofer rückt schließlich den Schutz „legitimer Erwartungen“ in der Klimakrise (und damit eine grundrechtliche Fragestellung) in den Mittelpunkt.

Damit ist zum Abschluss des Schwerpunkts ein Thema angesprochen, dem sich die Österreichische Juristenkommission mit ihrer Frühjahrstagung 2021 zum Thema „Grundrechte und Klimaschutz“ (3. – 5. Juni 2021) widmen wird, an der sich auch das Junge Forum beteiligen wird.

 

Zitiervorschlag: Maria Bertel, Editorial zum Schwerpunkt „Recht und Klimawandel“, JuWissBlog Nr. 86/2020 v. 17.06.2020, https://www.juwiss.de/86-2020/.

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