Ab Donnerstag findet die Tagung zum 4. Mal seit ihrer Gründung im Jahr 2010 statt. „Kooperation und Koordination als Rechtsentwicklungstrends“ ist das Thema.
Tagungseinblicke
Wir begleiten die Tagung in dieser Woche auf dem JuWissBlog. Der Zeit gemäß steht dabei neben nationalen Fragen vor allem die Europäische Union im Mittelpunkt. Kooperation und Koordination im Bereich der europäischen Finanzaufsicht sind faktisch und rechtlich nur noch schwer zu durchdringen. Die Allgegenwärtigkeit europäischer Agenturen wirft die Frage auf, ob sich die Unionsverwaltung immer weiter vom Erfordernis der demokratischen Legitimation entfernt. Gerade die Regulierung der Telekommunikationsmärkte bietet viel Anschauungsmaterial für eine kritische Diskussion des kooperativen Verwaltungshandelns zwischen nationalen und europäischen Behörden.
Drei Tagungsreferent/innen, Mona Philomena Ladler, Philipp Lindermuth und Kerstin Tobisch stellen in ihren Beiträgen Grundlinien zu diesen Themen vor, die sie im Rahmen ihrer Vorträge vertiefen werden.
Tagungskontext
Den wissenschaftlichen Kontext der Tagung entwickelt Stephan Hinghofer-Szalkay in seinem Referat. Er setzt sich mit der Entstehung eines neuen Ius Publicum Europaeum und den Auswirkungen auf die österreichische Wissenschaft vom Öffentlichen Recht auseinander.
Nationales öffentliches Recht erfährt im europäischen Rechtsraum eine Transformation. Die Vernetzung des öffentlichen Rechts der Mitgliedstaaten der EU, des nationalen Rechts und des unionales Recht, lassen ein neues Ganzes entstehen, das durch eine staats- und nationenzentrierte Denkweise nicht mehr fassbar ist. Vor diesem Hintergrund steigt die Bedeutung einer rechtsvergleichenden Arbeitsweise.
Die österreichische Wissenschaft vom Öffentlichen Recht muss sich im europäischen Vergleich mit einigen Besonderheiten auseinandersetzen. Unterschiede bei der Integration in einen europäischen Rechtsraum folgen aus dem maßgeblichen Einfluss der Wiener Rechtstheoretischen Schule. Diese rechttheoretische Tradition hat zur Folge, dass eine staats-, nationen- oder souveränitätszentrierte juristische Argumentation in der Herausbildung der nationalen staatsrechtlichen Tradition eine auffallend geringe Rolle spielte. Dieser rechtstheoretische Einfluss wirkt sich bei der europäischen Neuausrichtung des österreichischen Öffentlichen Rechts nicht hemmend, sondern begünstigend aus. Nationale Eigenheiten werden im Zuge des rechtlichen Transformationsprozesses nicht gänzlich schwinden. Grundlegende verfassungsrechtliche Strukturen Österreichs werden durch die neuen Verbundskonstruktionen nicht ersetzt, sondern teilweise sogar gestärkt. Denn das Öffentliche Recht im europäischen Rechtsraum entwickelt sich nicht nur auf dem Boden, sondern auch komplementär zu den nationalen Rechtsordnungen.
Praktikable Lösungen für übergreifende Probleme „Made in Österreich“?
Aufgrund der (rechts-)theoretisch günstigen Bedingungen zur Integration in den europäischen Rechtsraum, sind gerade in Österreich praktikable Lösungen für übergreifende europarechtliche Probleme denkbar. Diese ließen sich über einen rechtsvergleichenden Ansatz in solche Rechtsordnungen exportieren, die sich mit der Aufgabe einer staats- und nationenzentrieten Denkweise schwerer tun als Österreich.
Die JuWissBlog-Redaktion wünscht der Tagung gutes Gelingen, ertragreiche Diskussionen und Erkenntnisse.