von ARBEITSKREIS ANTIDISKRIMINIERUNG UND RECHT

„Antidiskriminierungsrecht“ – ein Rechtsgebiet, welches viel zu lange ein Schattendasein fristete. Als Grundstein für die Etablierung des Antidiskriminierungsrechts im juristischen Mainstream kann die Habilitationsschrift von Anna Katharina Mangold (Demokratische Inklusion durch Recht) genannt werden – gleichzeitig ist sicherlich nicht allen Rechtswissenschaftler*innen und Studierenden klar, was unter Antidiskriminierungsrecht zu verstehen ist. Die einfache Erklärung ist, dass es sowohl Diskriminierungsverbote wie auch Gleichstellungsgebote umfasst. Das klingt erst einmal nicht sonderlich neu, die dogmatische Aufarbeitung von Art. 3 Abs. 2 und 3 GG bleibt im rechtswissenschaftlichen Diskurs jedoch weiterhin lückenhaft.

Die Zielsetzung des Symposiums

Wir, der Arbeitskreis Antidiskriminierung und Recht, wollen mit dem Symposium „Antidiskriminierung und Recht – Das Ende des Schattendaseins“ in Kooperation mit dem JuWiss-Blog einen Überblick über die Grundlagen des Antidiskriminierungsrechts geben, um dann weiterführend in die speziellen Themenkomplexe des Rechtsgebiets einzusteigen. Denn die systematische Aufarbeitung von Diskriminierungsverboten und Gleichstellungsgeboten, die gesellschaftlich bestehende Machtungleichgewichte ernst und in den Blick nimmt, steht noch am Anfang.

Die Beiträge des Symposiums im Einzelnen

Damit der Einstieg in die Thematik des Antidiskriminierungsrechts gelingt, werden am ersten Tag allgemeine Beiträge erscheinen, die sich vor allem mit dem Begriff der Gleichheit befassen. Wann werden Bürger*innen vom Staat „gleich behandelt“ und welche Formen des Diskriminierungsschutzes bietet das Recht? Ist Gleichheit streng formal zu verstehen oder müssen gesellschaftlich und historisch gewachsene Ungleichheiten in die rechtliche Abwägung miteinbezogen werden? Damit setzt sich Johannes Siegel im ersten Beitrag des Symposiums auseinander. Daran unmittelbar anknüpfend wird das Verhältnis von Gleichheit und Würde von Elisabeth Faltinat und Johannes Rossi aus verfassungsrechtlicher und sodann von Nicole Nickerson aus rechtsphilosophischer Perspektive beleuchtet.

Am darauffolgenden Tag wenden wir uns spezielleren Fragen des Antidiskriminierungsrechts zu: der rassistischen Diskriminierung. Den Einstieg bietet Marie-Louise Reuter, die anhand des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD) aufzeigt, wie schwierig Diskriminierung zu fassen sein kann. Davon ausgehend wendet sie den Blick des Diskriminierungsschutzes vom Völkerrecht über das Unionsrecht hin zum nationalen Recht, um auf die notwendigen Bedingungen effektiven Diskriminierungsschutzes einzugehen. Mit einem Beispiel aus der Schweiz beschäftigt sich Manuela Hugentobler mit der ungleichen Behandlungen im Versammlungsrecht: Im Kontext der Versammlungsfreiheit, die für die politische Auseinandersetzung von unschätzbarer Bedeutung ist, können diskriminierende Strukturen vor allem BIPoC den Zugang zur Partizipation erschweren.

Intersektionalität“ steht am dritten Tag im Zentrum der Auseinandersetzung. Anna Kompatscher eröffnet, indem sie einen Überblick über die Diskriminierungsverbote im Unionsrecht gibt. Darauf bauen Valentina Chiofalo und Selen Yakar auf, indem sie die Bedeutung eines intersektionalen Diskriminierungsverständnisses am Beispiel des Schwangerschaftsabbruchs diskutieren. Rechtsfragen um die Staatenlosigkeit und Diskriminierungspotentiale werden von Youlo Wujohktsang aufgezeigt. Denn der Status staatenloser Personen verläuft häufig anhand einer Achse von Mehrfachdiskriminierungen.

Zum Schluss wird das Thema der „Postkategorialität“ beleuchtet: In ihrem Beitrag diskutiert Luisa Lehning eine postkategoriale Perspektive anhand des Beispiels der Behinderung. Denn, so ihre These, durch die kategoriale Ausgestaltung von Normen könne der Eindruck erweckt werden, dass sich Menschen in homogene Gruppen einteilen ließen.

Ausblick

Mit diesem Symposium hoffen wir, Wissenschaftler*innen und Studierenden einen Überblick über die Materie des Antidiskriminierungsrechts und Anknüpfungspunkte für weitere eigene Forschungsfragen zu bieten. Über Feedback freuen wir uns, sowohl in Form von Kommentaren auf dem JuWiss-Blog als auch per Mail an uns (ak_antidiskriminierung@posteo.de).

Abschließend möchten wir uns bei den Organisator*innen der 62. JTÖR 2022 bedanken, die unserem Arbeitskreis eine Plattform für die erste Konzeption des Symposium gegeben haben. Ein besonderer Dank gebührt darüber hinaus dem JuWiss-Blog, der uns die Gelegenheit bot, ein solches Symposium zu veröffentlichen – namentlich insbesondere Lamia Amhaouach und Ines Reiling für die produktive Zusammenarbeit.

 

Zitiervorschlag: Arbeitskreis Antidiskriminierung und Recht, Symposium „Antidiskriminierung und Recht – Das Ende des Schattendaseins“, JuWissBlog Nr. 36/2022 v. 26.07.2022, https://www.juwiss.de/36-2022/.

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Antidiskriminierung und Recht, Intersektionalität, JTÖR Zürich 2022, Postkategorialität, Rassismus
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